Infobereich
Hauptbereich
Kunst und Gesang bei „Östringen trifft … Ukraine“
Erfolgreiche Veranstaltungsreihe in der Stadtbücherei Östringen
Mit ihrem Länderabend über die Ukraine ließ die Stadtbücherei Östringen ihre beliebte Veranstaltungsreihe „Östringen trifft …“ wieder aufleben. Ukrainische Lebensgeschichten und Kultur standen an dem gut besuchten sommerlichen Juli-Abend im Mittelpunkt.
Inna Ligum, in Bad Schönborn lebende ukrainische Sängerin und Künstlerin, ist in Charkiw aufgewachsen und studierte Sprach- und Musikwissenschaften. Sie erzählte zusammen mit ihrer Art-Design-Lehrerin und Freundin Olena Kolomoiets subjektive Eindrücke von fünf bedeutenden ukrainischen Städten. Ortskundige aus dem Publikum ergänzten ihre Gedanken. Lviv (Lemberg) gelte als Wiege der ukrainischen Kultur, die bunte Hafenstadt Odessa sei traditionell sehr multikulturell geprägt. Vom nordostukrainischen Charkiw, so eine Besucherin über die Stadt ihrer Kindheit, hätte sie ganz andere Fotos ausgewählt: „Ich hätte die Parks gezeigt, die wunderschöne Natur.“ Auf die Frage, was Ukrainerinnen und Ukrainer bei allen Unterschieden vereine, ist die einhellige Meinung: „Die Liebe zur Ukraine.“
Das Sprechen über die Schönheiten des Landes berührten alle Anwesenden tief, besonders Olena Kolomoiets und die ukrainischen Gäste des Abends, vereinte sie doch, dass sie ihre Heimat erst vor Kurzem verlassen haben, als sie nach Deutschland flüchteten.
Die studierte Künstlerin ist in Dnipro in der Zentralukraine aufgewachsen und leitete eine Art-Design-Akademie. Vor dem Krieg haben ihre künstlerischen Wege sie schon häufiger in europäische Städte geführt.
Bereits beim Betreten der Aula der Thomas-Morus-Realschule begrüßte eine Ausstellung der beiden Künstlerinnen die Gäste: Lebendige, abstrakte Kunstwerke von Inna Ligum strahlten in Gelb-Blau, während in den von Rot und Schwarz dominierten Bildern Olena Kolomoiets‘ die Verarbeitung der aktuell erlebten Kriegserfahrung deutlich zu spüren war.
Kunst und Wirklichkeit waren einfühlsam durch auf dem Boden ausgelegte Fotos von getöteten Zivilisten verknüpft, zu denen die Anwesenden beschriebene Steine mit Hoffnungsworten legen konnten.
Die Gemälde von Inna Ligum und Olena Kolomoiets wurden übrigens für die Kunstausstellung „Contemporary Venice“ in Venedig ausgewählt und sind seit dem 15.07. im Palazzo Albrizzi-Capello zu sehen.
Zu Gast waren in der Stadtbücherei auch die beiden ehemaligen Schülerinnen des Leibniz-Gymnasiums Leonie Schwarz aus Zeutern und Merle Dopfer aus Östringen. Sie stellten ihr gerade erschienenes beeindruckendes Bilderbuch „Was können wir tun, wenn die Welt plötzlich Kopf steht?“ vor. Das Buch beschäftigt sich mit der wichtigen Frage, wie man Kindern trotz der momentan schwierigen weltpolitischen Lage ein positives Gefühl und Mut vermittelt. Der Erlös aus dem Buchverkauf kommt Hilfebedürftigen in der Ukraine zugute.
Ein Höhepunkt des Abends war, als Inna Ligum ihre Familienband „Voices For You“ auf die Bühne bat. Ihr Mann Siggi Zundl ist Gitarrist und gleichzeitig Produzent. Er leitet ein Tonstudio in Walldorf. Ihre Töchter Natasha (17) und Alina (15) Zundl entpuppten sich als talentierte Nachwuchs-Sängerinnen. Die Viererband präsentierte eigene Songs in englischer Sprache und das bekannte ukrainische Volkslied „Chervona Kalyna“, übersetzt: „Rote Beeren“. Der Text handelt von den „Sitschower Schützen“, die im Ersten Weltkrieg gegen die Russen für die Unabhängigkeit der Ukraine gekämpft hatten. Das Lied ist aktuell zur inoffiziellen Hymne der Ukraine geworden.
Kulinarisch wurden die Gäste des Abends insbesondere durch einen kunstvoll verzierten Kuchen einer ukrainischen Hobby-Konditorin verwöhnt.
108 aus der Ukraine Geflüchtete leben zurzeit in der Stadt Östringen, von ihnen lediglich 15 Personen in städtischen Unterkünften, erläutere die Integrationsbeauftragte Daniela Blech-Straub. Sie sprach den Ehrenamtlichen und großherzigen Wohnungsgebern im Namen der Stadt ein herzliches Dankeschön für ihre Offenheit und Unterstützungsbereitschaft aus.
Die Spenden des Abends in einer Höhe von 336 EUR kommen hälftig der Organisation „BYSOL“ mit Sitz in Vilnius/Litauen und „Kids2kids“ zugute. BYSOL ist eine gemeinnützige Organisation für ukrainische Frauen, die unter Gewalt gelitten haben. Bei „Kinder zu Kindern“ handelt es sich um einen ukrainischen Wohltätigkeitsfonds, der schon seit vielen Jahren einkommensschwache Familien mit schwerkranken Kindern unterstützt sowie Waisenkindern individuelle Hilfe bei ihren spezifischen Bedürfnissen zukommen lässt. Seit dem Ukraine-Krieg hilft die Organisation gezielt bei der Evakuierung besonders bedürftiger Kinder.
Die Reihe „Östringen trifft …“ wird von der Bücherei-Leiterin Carola Zabler und Daniela Blech-Straub organisiert. Geplant ist eine Fortsetzung im neuen Jahr mit Kultur und Lebensgeist Italiens.
dbs